Martin Rabanus, MdB im Gespräch mit der Limesschule

Martin Rabanus im Gespräch mit der Limesschule
Zu Unterricht und Schulalltag in der Coronazeit

Am 04.06.2020 fand über Jitsi ein Gespräch zwischen Martin Rabanus (SPD), Frau Deinhardt (Schulleiterin), Frau Herfurth (Gymnasialzweigleiterin und Koordinatorin des digitalen Unterrichts an der Limesschule) und Herrn Hauptvogel (IT-Beauftragter) statt.

Herr Rabanus wollte sich ein Bild über die aktuelle Situation an der Limesschule machen.

Rabanus:          Wie sieht die Lage an der Limesschule aus?

Deinhardt:        Als erstes muss ich sagen, dass wir ein hoch motiviertes Kollegium haben. Vor allem deswegen meistern wir die momentane Situation gut. Es herrscht eine ausgezeichnete Zusammenarbeit. 50 Kolleg*innen haben in kürzester Zeit die Chance von Onlinefortbildungen genutzt und in ihrer Freizeit – auch am Wochenende – sich z.B. im Bereich „Moodle“ schulintern schulen lassen.  Über 700 Schüler*innen sind momentan bei Moodle registriert. Es gibt seit Beginn an viele positive Nebeneffekte, ständig finden neue Fortschritte statt – vor allem im Bereich der Digitalisierung. Ich habe aber als erstes eine Bitte an Sie, Herr Rabanus: Für den digitalen Unterricht ist es von grundlegender Wichtigkeit, dass unsere Datenbreite verbessert wird. Wir hängen hier im Gegensatz zu privaten Haushalten hinterher. Bis zum 20.11.20 haben wir zwar zugesichert bekommen, dass neue Leitungen gelegt werden, aber die Datenrate wurde bisher nicht kommuniziert. Dies ist enorm wichtig für den Schulbetrieb, da wir wissen müssen, wann genau wir mit stabilen Videoschaltungen rechnen können, die nötig sind, um für alle Schüler*innen gewinnbringend Fernunterricht zu gestalten. Wir brauchen demnach verbindliche Zusagen zum Breitbandnetz.

Rabanus:          Ich verstehe. Dieses Problem ist ein organisatorisches. Sehe ich genauso.

Deinhardt:        Der Kreis hat bereits vor Corona angefragt, in welchen Räumen und Bereichen W-Lan installiert werden muss. Herr Hauptvogel hat dazu alle Räume und Bedarfe für den RTK erfasst. An der Umsetzung hapert es jedoch, da uns die Mittel fehlen.

Rabanus:          Die Leitungen sind sicher bereits da. Sie müssen nur noch gelegt werden.

Herfurth:          Dieses Problem möchte ich direkt aufgreifen. Das W-Lan muss unbedingt auch in die Klassenräume gezogen werden. Momentan versuchen wir, mit privaten Geräten die Situation zu stemmen. Teilweise schaffen Eltern Prepaid-Handys an, um ihre Kinder am Unterricht teilnehmen zu lassen, wenn diese bspw. Selbst der Risikogruppe angehören. Wenn die Unterrichtsicherheit beginnt, vom Gehalt und privaten Möglichkeiten der Eltern abzuhängen und Kinder aus diesen Gründen abgehängt werden, wird es schwierig. Die Möglichkeiten, die wir mittlerweile an der Limesschule haben, sind sehr gut. Bereits vor Corona hatten wir zum Glück das Schulportal und Moodle eingerichtet, wir sind sehr weit auf dem Weg der digitalen Bildung. Während Corona wurden über Teams online Moodle-Schulungen für die Kolleg*innen angeboten, die stark genutzt wurden. Das hat alles sehr gut geklappt. Man muss sagen, dass zur Zeit eine sehr hohe Arbeitsbelastung für alle KollegInnen herrscht. Das kann und darf kein Dauerzustand sein. Ich bin stolz darauf, so engagierte Kolleg*innen an der Schule zu wissen. Das große Problem hierbei: Der digitale Unterricht für Risikogruppen muss durchführbar sein und gleichwertig zum Präsenzunterricht sein. Ansonsten wird die Doppelbelastung für die KollegInnen im Präsenzunterricht zu hoch, da sie die Stunden der KollegInnen, die zu den Risikogruppen gehören, auffangen müssen.

Rabanus:          Wie schätzen Sie den Anteil der Schüler*innen ein, die aus sozialen Gründen benachteiligt sind?

Herfurth:          Wir müssen aufpassen, dass die soziale Schere nicht weiter auseinandergeht. Zum Glück haben wir auch über eine Spende, die Möglichkeit digitale Geräte an Schüler*innen zu verleihen, die es dringend benötigen. Hier haben wir bereits gute Vorarbeit geleistet und viele Gespräche geführt.

Rabanus:          Es gibt 5 Millionen Euro vom Bund, die den Ländern zur Verfügung gestellt werden sollen. Der Digitalpakt funktioniert nicht so, wie er funktionieren sollte.

Deinhardt:        75% des Digitalpaktes gehen in die Datenrate…

Rabanus:          Ich habe noch eine Frage zum digitalen Unterricht: Im Moment gilt er als unterrichtsergänzende Maßnahme, darf aber nicht in die Note einfließen. Wie ist der Stand hier? Sollte der digitale Unterricht nicht gleichwertig sein?

Deinhardt:        Juristisch muss das alles noch vom Land geklärt werden. Wenn Risikogruppen die Schüler*innen digital beschulen, muss dieser Unterricht mit dem Präsenzunterricht gleichgestellt werden.

Herfurth:          Ja, genau das ist das Problem. Die Leistungsbilanz darf bisher nur im Präsenzunterricht erhoben werden. Digitaler Unterricht muss gleichwertig sein! Auf der einen Seite sagen wir den KollegInnen: „Bildet euch fort! Macht guten digitalen Unterricht“, auf der anderen Seite dürfen aber am Ende diese KollegInnen nicht bewerten. Wenn wir digital beschulen, müssen wir auch bewerten dürfen. Es gibt auch die Möglichkeiten dazu und wir bauen diese gerade noch weiter aus: mit BigBlueButton. Das ist eine Videokonferenz-Applikation direkt in Moodle, die Inhalt und Unterricht direkt vernetzt. Also echten digitalen Unterricht möglich macht.  Problem hierbei: Kostenmäßig muss gesehen werden, wie dies eingerichtet werden kann.

Rabanus:          Um welche Summe handelt es sich hier?

Deinhardt:        Die Anschaffungskosten betragen 500 Euro und die laufenden Kosten monatlich 40 Euro. Das ist vielleicht nicht viel. Aber für uns als Schule schon.

Rabanus:          Technisch gesehen ist das sicher kein Problem. Das Land muss hier nur aktiv werden.

Deinhardt:        Tatsache ist, dass die Teilnahme an Videounterricht als Teil der Fernschule verpflichtend werden muss. Und auch die Benotung muss sichergestellt und gleichgestellt werden.

Herfurth:          Ja, wie bereits erwähnt, dies darf keine Dauersituation sein. Die Kolleg*innen im Präsenzunterricht arbeiten teilweise deutlich über die Hälfte ihrer normalen Stundenzahl, weil sie die Schüler*innen der Kolleg*innen in den Risikogruppen auffangen müssen in der Präsenz.

Hauptvogel:      60-70 Kolleg*innen versorgen regelmäßig ihre Schüler*innen über die Lernplattform. BigBlueButton hat zusätzlich noch Vorteile: Es existiert eine klare Kontrollverteilung. Niemand anderes kann teilnehmen, Schüler*innen ist es nicht mehr möglich, aus Spaß beispielsweise ihre Lehrer*innen aus der Schaltung zu schmeißen. Datensicherheit besteht. Deswegen würden wir gerne diesen Weg gehen

Rabanus:          Dieser Weg müsste über den Landeshaushalt abgedeckt werden können. Wir haben ca. 800 Schulen. Auf ein integriertes System zu setzen, sehe ich auch als sehr sinnvoll an. Alle Schüler*innen könnten sich so flächendeckend mit einem System vertraut machen. Das klingt sinnvoll.

Eine weitere Frage hätte ich bezüglich der gerechten Bewertung: Seit 13.03.20 hat eine ganze Reihe von Kursen und Klassen in verschiedenen Fächern keinen Präsenzunterricht mehr. Zum Beispiel auch die Q2. Hier existieren bestimmte Grundkurse, die ins Abitur einfließen und so relevant sind. Wie bekommt man da eine halbwegs gerechte Situation hin?

Deinhardt:        Hier greift das Hessische Schulgesetz. Wir ziehen die Note des 1. Halbjahres in die Zeugnisnote am Ende des Schuljahres mit ein. Aber auch durch neue Verordnungen und Erlasse in der Corona-Zeit gibt es Vorgaben zur Notengebung.

Herfurth:          Wir haben das Glück, dass wir bereits vor Corona die Situation haben kommen sehen. Viele Kolleg*innen haben beispielweise mit ihren Schüler*innen Projektarbeiten gestartet, die sich über einen langen Zeitraum erstrecken und vor allem in eigenverantwortlicher Arbeit angefertigt werden. Diese Projektarbeiten dürfen bewertet werden. Zudem wurden bereits vor Corona zum Teil Klausuren geschrieben. Diese dürfen ebenfalls in die Benotung fließen. Bisher gab es noch keine Probleme in dieser Richtung. Es muss in angemessenem Maße das 1. Halbjahr berücksichtigt werden. Hierbei ist der Austausch mit den Schüler*innen und Transparenz besonders wichtig.

Deinhardt:        Diese besondere Zeit hat allerdings auch viele positive Aspekte gezeigt. Dadurch dass lediglich 1/3 der Schülerschaft gleichzeitig anwesend ist, gibt es wesentlich weniger bis keine Konflikte durch weniger Enge. Der Stress durch Crowding wurde somit heruntergefahren. Zudem muss man auch sagen, dass es jetzt nicht mehr möglich ist, Schüler*innen mit schlechten Noten zu „bestrafen“. Es müssen hier andere Wege der Kommunikation und Konfliktlösung gegangen werden. Wegen der ersetzten Zeiten haben wir den Gong ausgestellt. Auch das nehmen viele Mitglieder der Schulgemeinde als sehr positiv wahr. Es findet Entschleunigung in gewisser Hinsicht statt und die Kommunikation wird intensiver.

Rabanus:          Wie ist die Kommunikation zwischen den Schulen?

Deinhardt:        Ich selbst nehme regalmäßig am Austausch im Arbeitskreis der hessischen Gesamtschulen teil, hier bin ich im Vorstand tätig. Natürlich findet in diesem Bereich ein ständiger Austausch statt. Zudem findet ein Austausch mit unseren Nachbarschulen statt. Leitung ist aktuell in anderer Weise gefragt als vor Corona. Die Kontakte unter den Schulleiter*innen haben ein starkes Entlastungsmoment.

Herfurth:          Dieser Austausch war wichtig. Als die Schulen wieder öffnen sollten kam die Info: Wir öffnen. Regel: 15 Schüler*innen pro Raum maximal. Hierbei war der Austausch nötig. Wir mussten unsere Konzepte entwickeln, Systeme finden, die zu unserer Schule genau passen.

Deinhardt:        Die Lage war für uns sehr schwierig. Das Ministerium veröffentlichte neue Informationen und ein paar Tage später kamen die Verordnungen vom Schulamt. Meistens am Wochenende. Wir hatten die Informationen des Ministeriums als Grundlage unserer Planung.

Rabanus:          Allgemein denke ich ebenfalls, dass es hier noch Chancen einer Optimierung gibt. Es tut sich im Moment viel. Gerade in Hinsicht auf die Digitalisierung. Man sieht es an meinem eigenen Beispiel: Meine Mitarbeiterin nimmt ohne Ton und ohne Bild an dieser Schaltung teil…

Herfurth:          Ich möchte abschließend noch einmal meinen Wunsch betonen und meine Bitte an Sie äußern: W-Lan Zugang in allen Räumen in allen Räumen für alle Schüler*innen offen und möglich.

Deinhardt:        Zudem hätte ich noch eine Bitte an Sie: Wir bekommen das „Fliegende Künstlerzimmer“ mit der Künstlerin Lisa Haucke. Wir wissen jetzt, wo es stehen wird. Ich habe nun gehört, dass die Kosten für die hierzu nötigen Leitungen vom Schulbudget abgehen sollen. Man bekommt also etwas geschenkt und soll dann die Kosten selbst tragen. Könnten Sie bitte hierzu einmal nachhaken.

Rabanus:          Das werde ich tun. Ich gebe Ihnen zu allen Punkten eine Antwort, wenn ich genaueres weiß. Haben Sie vielen Dank für das informative Gespräch!

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